Antrittsvorlesung Prof. Dr. Lothar Elsner: Bilder der Hoffnung
Rückblick
Dr. Lothar Elsner ist Inhaber des Lehrstuhls für Diakoniewissenschaften an der Theologischen Hochschule Reutlingen. Am Montag, dem 25.4., hat er seine Antrittsvorlesung zum Verhältnis von Sozialer Arbeit und Diakonie gehalten.
»Reicht Soziale Arbeit allein, oder brauchen wir auch noch Diakonie?« Mit dieser Frage ist Lothar Elsner in die Antrittsvorlesung eingestiegen. Eine säkulare Gesellschaft wie die unsere scheint weder die kirchliche Vorgeschichte noch die spirituelle Motivation zu sozialem Handeln zu benötigen. Gibt es ein Tauziehen um die Deutungs- und Handlungshoheit und hat die Diakonie dabei schlechtere Karten als die professionalisierte Soziale Arbeit.
Elsner versuchte nun aber zu zeigen, dass die Verhältnisbestimmung wesentlich differenzierter ausfallen muss. Anhand von fünf Punkten ginge er der Sache auf den Grund.
Erstens war die Diakonie seit ihren biblischen Anfängen immer mehr als nur individuelle Nächstenliebe, sondern auf »solidarische Gesellschaft ausgerichtet«. Dieser Fokus ist die historische und letztlich auch die inhaltliche Grundlage staatlicher Sozialer Arbeit bis heute. Die Dimension des Religiösen ist auch in der Gegenwart für viele Schaffende und Empfangende wesentlich und durch kein soziales Substitut zu ersetzen.
Zweitens bedarf die Diakonie der rationalen Kritik, wie sie die wissenschaftlich fundierte Sozialarbeit liefert, um die Gefahr einer religiösen Ideologisierung zu umgehen. Gleichzeitig braucht aber auch der moderne Wohlfahrtsstaat neben einer vernunftmässigen Begründung »Bilder der Hoffnung und Vertrauen«, um die soziale Ordnung der Gesellschaft inhaltlich zu beschreiben und sie zu realisieren. Gerade in sozialer Hinsicht sind weder der Mensch noch das menschliche Gemeinwesen ausschliesslich rational bedingt, sondern zutiefst von Werten und Visionen einer möglichen Zukunft geprägt, wie sie etwa die Spiritualität der Diakonie zur Sprache bringt.
Drittens braucht soziale Arbeit – genau wie auch die Diakonie – eine Sprachfähigkeit zur Beschreibung des Verhältnisses von geleisteter und empfangener Hilfe. Elsner führte am Beispiel von Untersuchungen in Seniorenzentren auf, wie schwierig nur schon die Bezeichnung der Akteure ist: Sind es Helfer und Empfängerinnen? Expertinnen und Klienten? Kunden und Dienstleisterinnen? Die Wurzeln der Diakonie in der christlichen Nächstenliebe verfügt über ein bedeutend reichhaltigeres Repertoire nicht nur an Begriffen, sondern auch an Vorstellungen für die Beziehungen, die in der Arbeit erreicht werden sollen. Elsner fragt, ob wir heute einen ähnlich familiären Begriff wie »Geschwister« finden, weil dieser impliziert, dass Menschen durch mehr verbunden sind als lediglich durch Bedürfnisse, und dass es Hilfe gibt, die weder verrechnet werden kann noch verrechnet werden will.
Viertens, und mit ähnlichem Fokus, betonte Elsner, dass kirchliche Schwesternschaft «prägend waren für das Berufsbild, in aller Ambivalenz». Die Hingabe als typisch weibliche Rolle und die Selbstaufgabe bis zum Ende der Kräfte stellen Bereiche dar, die dringend einer professionellen (Selbst)kritik bedürfen. Trotzdem aber sind die Vorstellung von «existentieller Kommunikation, Hingabe und ehrenamtlicher Selbsthilfe und Vision» keineswegs als erledigt zu betrachten, weil gerade sie auch heute noch im zwischenmenschlichen Miteinander eine wichtige Rolle spielen.
Und fünftens schliesslich weiss sich die Diakonie in der Versöhnung Gottes und der daraus entspringenden Hoffnung verwurzelt. Es ist darum gerade ihre Aufgabe, diese Wurzeln konkret zu leben und die Gesellschaft durch eine entsprechend geprägte Soziale Arbeit von einer »Kultur der Herrschaft« zu einer »Kultur der Solidarität« weiterzuentwickeln. Das Stichwort der »dienenden Leitung« sei darum aktueller denn je, so das Schlusswort von Elsner.
Langer Beifall und ausgiebige Gespräche im Anschluss bei einem Glas Wein haben den Abend beschlossen.
Dr. Christoph Schluep
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